Zürich, 7.4.21 (kath.ch). Mit 93 ist am Osterdienstag der Tübinger Theologe Hans Küng gestorben. Die Bücher des gebürtigen Schweizers erreichten Millionenauflagen. Die Wege mit Joseph Ratzinger kreuzten sich immer wieder.

Er galt als Rebell, Kirchenkritiker und Gegenspieler früherer Päpste. Aber Hans Küng wollte vor allem Mahner sein. Am Osterdienstag starb der Gründer der Stiftung Weltethos im Alter von 93 Jahren in seinem Tübinger Haus.
Ein Schweizer blieb er nicht nur dem Dialekt nach. Eidgenössischer Stolz prägten sein Naturell und sein Selbstbewusstsein. Diese Prägung war Ergebnis des «Falls Küng», der eine der stärksten Erschütterungen bedeutete, die die katholische Kirche in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts traf. Da ging es um die Unfehlbarkeit des Papstes, aber auch um wichtige Grundfragen des Glaubens.

Lehrerlaubnis entzogen

Der Entzug der Lehrerlaubnis stellte 1979 den Höhepunkt eines lange schwelenden Konflikts mit Rom dar. Als Novum der deutschen Universitäts-Geschichte erhielt Küng, seit 1960 Professor in Tübingen, einen fakultätsunabhängigen Lehrstuhl für Ökumene.
Küng und Ratzinger sahen sich immer wieder, zuletzt 2005, als ihn Benedikt XVI. kurz nach seiner Wahl zu einem vierstündigen und damit ungewöhnlich langen persönlichen Gespräch in Castel Gandolfo. Der «kühnen Tat», so Küng, folgten keine weiteren Schritte, auch wenn es unregelmässigen postalischen Kontakt zwischen Rom und Tübingen gab.
Immer wieder bezeichnete sich Küng als «loyalen katholischen Theologen», was ihn nicht daran hinderte, den Kurs der Kirche zu kritisieren. Ein Wandel geschah, nachdem der Argentinier Jorge Mario Bergoglio 2013 zum Papst gewählt worden war. Auch Franziskus antwortete Küng freundlich-wohlwollend auf ein Schreiben, in dem der Theologe zu einer freien Diskussion über das päpstliche Unfehlbarkeitsdogma aufgerufen hatte.

«Keinen Weltfrieden ohne Religionsfrieden»

Küngs Bücher wurden in mehr als 30 Sprachen übersetzt und erreichten Millionenauflagen. Auch wegen der 1995 begründeten «Stiftung Weltethos» blieb er weltweit respektierter Gesprächspartner für Wirtschaftsführer und Politiker – und bis hin zum UN-Generalsekretär eine Autorität für Wertefragen. Küngs Ringen um ein «Weltethos» traf den Nerv der Zeit. Die Gründung eines Weltethos-Institutes an der Uni Tübingen 2011 sah der mit Ehrungen überhäufte Wissenschaftler als Anerkennung seiner Arbeit. «Nicht zuletzt, weil meine Jahre gezählt sind und ich möchte, dass mein Lebenswerk nach meinem Tod fortgeführt wird», so Küng damals.

Tod als neue Herausforderung

Im 2014 veröffentlichten Buch «Glücklich sterben?» sprach er sich für Selbstbestimmung in der Frage der Sterbehilfe aus und erntete vor allem aus seiner Kirche Kritik. Doch für Küng stand fest: Jeder habe vor Gott und den Menschen die Verantwortung und das Recht, über sein Leben und Sterben zu bestimmen. Diese Selbstbestimmung sei «theologisch gut begründet und ethisch geboten». In Anspruch genommen hat er sie indes nicht.
Geschrieben und geforscht hat der akribische Arbeiter bis zuletzt in dem Rahmen, den ihm die Parkinson-Erkrankung und andere schwere physische Einschränkungen liessen.

Michael Jacquemain, kath.ch/Red.

■ Bischof Felix Gmür schrieb den Nachruf «Ein Liebhaber der Kirche»

 
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Quelle: Muesse/Wikimedia Commons
Hans Küng im Jahr 2009
 

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